Aufwandsschätzung
Aufwandsschätzung ist der erfolgskritische Faktor für den Projekterfolg
- Ziel: Bestimmung einer ehrlichen und realistischen Annahme für den Gesamtaufwand eines Projekts
- vertriebliche Überlegungen werden auf Grundlage des geschätzten Gesamtaufwands gemacht
- Schätzung ist entscheidend erfolgskritisch für Projekterfolg
4 wesentliche Erfolgsfaktoren
- Feststehende und dokumentierte Anforderungen
- Rahmenbedingungen des Kunden
- Erfahrenes Team zur Vorbereitung und Durchführung der Schätzung
- Realistische Annahmen zu Projektquerschnitt und Projektnebenleistungen
Schätzverfahren
Teilung in 4 Klassen
- Algorithmische Methoden
- Bsp.: COCOMO, Function-Points
- Aufwandsermittlung per empirisch gewonnenen Formeln
- Basis sind messbare Systemfunktionen und Kostenfaktoren
- Ohne gute Datenbasis wenig präzise
- Use-Case-Points finden Verwendung zur Plausibilisierung
- Vergleichsmethoden
- Bsp.: Analogieschätzung
- Stellt Bezug zu durchgeführten Entwicklungsprojekten her
- Erfahrungswerte aus alten Projekten werden benötigt
- Gibt eine Größenordnung zur Plausibilisierung
- Selten eine Reinform, aber implizit in Expertenschätzung
- Kennzahlenmethode
- Bsp.: Kennzahlenmethode
- Berechnung von Schätzposten aus explizit geschätzten Anteilen
- Ähnliche wie Analogieschätzung
- Erfahrungswerte für Kennzahlen aus alten Projekten werden benötigt
- Kennzahlen aus dem Aufwandsmodell zur Plausibilisierung
- Expertenschätzung
- Bsp.: Einzelschätzung, Delphi-Methode, Schätzklausur
- Schätzung von Stücklisten
- Zählen und bewerten
- Erstmalige Schätzung neuer Anforderungen durch Erfahrung der Experten
- Empfohlene Methode
Expertenschätzung
Varianten unterscheiden sich in Umfang und Systematik
| Einzelschätzung | Delphi-Methode | Statistische Methode | Schätzklausur |
|---|---|---|---|
| ein Einziger Experte | Unabhängige, anonyme Schätzung in Iterationen | Schätzung über Komplexitätsklassen | Mehrere Experten schätzen in Workshops |
| Einseitige Beurteilung von Aufwand und Unsicherheiten | Zusammenführung der kommentierten | Aufwand pro Komplexitätsklasse festlegen | inhaltliche Diskussion und Einigung bei großen Abweichungen |
| Genauigkeit hängt von Erfahrung ab, hohe Verantwortung | Danach Möglichkeit zur Korrektur | Stückliste muss homogen strukturiert sein | Risiken werden bewusst |
| Wiederholung bis zur Konvergenz | schwerer Fehler bei hoher Aufwandsspreizung | Gleichmäßiger Informationsstand im Team | |
| Nur Offline | |||
| + Pragmatisch | + ortsunabhängig | + schnell | + hohe Qualität |
| - riskant | - kein wissensaustausch | - Fehleranfällig | - zeitaufwändig |
| - Zeitaufwändig | |||
Stückliste bei Expertenschätzungen
Stückliste Erstellen
Qualität und Vollständigkeit
- Elemente werden Schätzposten oder Aufwandsposten genannt
- Komponenten und Arbeitsergebnisse werden identifiziert und runtergebrochen
- Tätigkeiten wie Projektkoordination, QS usw. werden ergänzt
- Inhaltliche Durchdringung ist entscheidend
- Erstellung und Schätzung der Stückliste in getrennten Schritten
- Aufgabenkategorien diesen als Checkliste zur Vollständigkeitsprüfung
- Wichtig ist Vollständigkeit auf betrachteter Abstraktionsebene
Struktur und Granularität
- Jeder Schätzposten wird eindeutig einer Aufgabenkategorie zugeordnet
- Strukturierung der inhaltlichen Aufbaustruktur
- Komponenten und Themen
- Releases
- Querschnitt
- …
- Aufschlüsselung in Schätzposten unterstützt gute Schätzbarkeit
- Granularität der Schätzposten entscheidend
- Fehlerrisiko steigt wenn Schätzposten zu grob oder fein sind
- 5 - 20 PT sind guter Anhaltspunkt
Verständnis herstellen
- Schätzteam muss gemeinsames Verständnis über Interpretation und Inhalt der Schätzung haben
- Prämissen werden geprüft und dokumentiert
- Ziel: Alle verstehen Stückliste auf gleiche Weise; Alle kennen Bedeutung der Schätzung, Schätzunsicherheit, Aufwandsrisiko und Schätzeinheit PT
Aufwand ermitteln
Grundsätze
- Einheit der Schätzung ist PT (Bearbeitertag ohne Überstunden)
- typischer Arbeitstag (ink. Mails lesen, aufräumen, Stundenzettel ausfüllen, Telefonieren, Kaffee trinken …)
- effektive Arbeitszeit deutlich unter 8h
- möglichst viele Aufwandsposten explizit schätzen und nicht mit Kennzahlen berechnen
- ehrlich und nach bestem Wissen schätzen
- Annahmen, Risiken und Prämissen werden dokumentiert
- Schätzung und Konsolidierung müssen transparent und nachvollziehbar sein
- Einheit der Schätzung ist PT (Bearbeitertag ohne Überstunden)
Schätzung
- Schätzung ist der Aufwand, mit dem ein Mitarbeiter mittlerer Produktivität die Tätigkeit gerade so erfüllen kann
- wenn die Tätigkeit klar ist
- wenn er zielgerichtet arbeitet
- wenn keine besonderen Risiken eintreten
- dient bei Terminplanung als realistische aber ambitionierte Vorgabe
- Schätzung ist der Aufwand, mit dem ein Mitarbeiter mittlerer Produktivität die Tätigkeit gerade so erfüllen kann
Schätzunsicherheit
- dient als Gradmesser für Belastbarkeit der Schätzung
- weist aufwandssteigerung bei Risikoeintritt aus
- berücksichtigt
- Qualität der inhaltlichen Durchdringung
- projektspezifischen Rahmenbedingungen
- eine statistische Unsicherheit
Festlegung des Gesamtaufwands
- nach Abgabe aller Einzelschätzungen folgt Konsolidierung
- Ergebnis enthält noch zwei Zahlen
- Summe der Schätzung
- Summe der Schätzunsicherheiten
- wird Gesamtaufwand oder Bruttoaufwand genannt
- um Aufwandsrisiko zu ermitteln wird Qualität der Schätzung und Schätzunsicherheit bewertet und beurteilt
Ergebnisse prüfen
- formale QS von Stückliste und Schätzungen durch unabhängige Experten
- kritische Plausibilisierung
- ist Verteilung des Gesamtaufwands auf Aufgabenkategorien schlüssig? Vergleich mit Kennzahlen
- wurde ähnliches Projekt durchgeführt? Ist Aufwand vergleichbar
- Falls Ablösung eines Altsystems
- Wie viel Aufwand steckt im Altsystem
- Ist geschätzter Aufwand plausibel
- Kann Ergebnis durch andere Methoden bestätigt werden
- Grobe Abweichungen oder Unplausibilitäten werden hinterfragt
- können Abweichungen begründet werden und Schätzung aufrecht erhalten werden
- müssen Schätzungen korrigiert werden
Dokumentieren
- alles Annahmen und Schätzungen müssen dokumentiert sein
- Aufwandsblatt dokumentiert das Ergebnis der Schätzung in der Struktur, wie sie durch den Kontenrahmen des Aufwandsmodells vorgegeben wird